Risiken
Forschung und Entwicklung
- Die Entwicklung vieler Medikamente basiert auf der Erforschung von Flora und Fauna, speziell aus tropischen Wäldern oder marinen Organismen (insbesondere Medikamente gegen Krebserkrankungen)
- Über 50 % der zugelassenen Medikamente stammen aus Naturstoffen, d.h. aus organischen Molekülen. (Natural Products Report, Issue 7, 2021)
- 118 der 150 meist verschriebenen Medikamente in den USA werden aus natürlichen Ressourcen entwickelt. 74 % davon stammen von Pflanzen ab, 18 % von Pilzen, 5 % von Bakterien und 3 % von einer Schlangenart. (TEEB 2010)
Produktion und Herstellung
Der Pharma- und Kosmetiksektor hängt also entscheidend von der Produktivität der Ökosysteme und der dauerhaften Bereitstellung von Pflanzen ab, die bestimmte Inhaltsstoffe produzieren. Nicht alle Pflanzen können kultiviert werden, es gibt auch Wildsammlungen. Deren Gewinnung in landwirtschaftlicher Produktion (hier vor allem Palmöl) führt oftmals zu Landnutzungsänderung und Degradation. Viele kosmetische Produkte sind abgeleitet aus natürlichen Quellen, wie zum Beispiel Saponine, Flavonoide, Aminosäuren, Antioxidantien und Vitamine. Daneben werden auch verschiedene Inhaltsstoffe von Seegräsern, Chitin von Krustentieren, Palmölderivate und Fischöle verwendet.
Der Verlust der Biodiversität ist somit für die Branche ein (Geschäfts-)Risiko, da auch potentiell Arten aussterben, die für die Entwicklung von Kosmetika und Pharmazeutika bedeutsam gewesen sein könnten (Optionswert der Biodiversität). Lieferanten, die in biodiversitätsreichen Regionen operieren, sollten daher möglichst über ein funktionierendes und zertifiziertes Umweltmanagementsystem (ISO 14001, EMAS) verfügen und Biodiversitätsaspekte explizit berücksichtigen.
Ausführliche Informationen zum Thema „Kosmetik- und Pharmaindustrie und Biodiversität" mit Hilfestellungen für Unternehmen und Auditoren erhalten Sie in unserem Fact Sheet.
Medikamente
Der Eintrag von Humanarzneimitteln in die Umwelt und das damit einhergehende Gefährdungspotential ist schwer abzuschätzen. Letztlich gelangen diese Stoffe durch den Stoffwechsel, über Vorfluter und Klärschlamm bis in das Grundwasser und die Meere. Zu den quantitativ bedeutendsten Mitteln gehören Diclofenac (Schmerzmittel), Clofibrinsäure (Mittel zur Senkung von Blutfetten), Carbamazepin (Mittel gegen Krampfleiden), Sulfamethoxazol (Mittel gegen bakterielle Harnwegsinfekte) und Röntgenkontrastmittel (Mittel zur Darstellung von Organstrukturen im Röntgenbild). Tierarzneimittel haben ebenfalls Auswirkungen auf den Prozess der Nährstoffregenerierung, da es lokal negativen Einfluss auf wirbellose dungabbauende Tiere gibt.
Access and Benefit Sharing (ABS)
Eine wesentliche Herausforderung für die Unternehmen ist in diesem Zusammenhang die Beteiligung der Herkunftsländer und ihrer Einwohner*innen zu erreichen, die sich aus dem Verkauf von auf genetischen Ressourcen basierenden Produkten ergibt. Unter dem Stichwort Access and Benefit Sharing sind Unternehmen verantwortlich, neben der gerechten und fairen Gewinnbeteiligung auch vorab die Genehmigung von lokalen Gemeinschaften für die Forschung an genetischen Ressourcen einzuholen. Der völkerrechtliche Rahmen für den Zugang zu genetischen Ressourcen und gerechten Vorteilsausgleich wurde auf der Vertragsstaatenkonferenz der UN-Biodiversitätskonvention 2010 durch das Nagoya-Protokoll festgelegt.