Bindende Sorgfaltspflicht durch EU-Lieferkettengesetz

News im Rahmen der Europäischen Business & Biodiversity Kampagne

 

Bindende Sorgfaltspflicht durch EU-Lieferkettengesetz

Am 23.02.2022 hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine „Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit" veröffentlicht, das sogenannte EU-Lieferkettengesetz, das auch den Biodiversitätsschutz adressiert.

© MICHOFF / Pixabay
Bonn, 09.03.2022: Die Richtlinie soll, nachdem sie von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt wurde, Unternehmen dazu verpflichten, Risiken für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in ihren Lieferketten zu ermitteln und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Betroffen werden in erster Linie Unternehmen mit mehr als 150 Mio. EUR Jahresumsatz und mehr als 500 Mitarbeiter*innen sein aber auch kleinere Unternehmen mit mehr als 40 Mio. EUR Jahresumsatz und mehr als 250 Mitarbeiter*innen, wenn sie mehr als 50 % ihres Umsatzes in bestimmten Branchen erzielen (z.B. Textilien, Rohstoffhandel, Chemikalien, Landwirtschaft, Lebensmittel...). Damit wären schätzungsweise 13.000 Unternehmen von der Regelung betroffen, was lediglich 1 % der EU-weiten Unternehmen entspräche – ein zentraler Kritikpunkt an dem Kommissionentwurf, aber es gibt auch Positives…
 
Zivilrechtliche Haftungsregelung

Eine entscheidende Verschärfung, die insbesondere von der Zivilgesellschaft schon beim deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gefordert wurde, sind Regelungen zur zivilrechtlichen Haftung, die nun von der EU im Entwurf aufgenommen wurden. Hinzu kommt auch die Verankerung der Pariser Klimaschutzziele, die die betroffenen Unternehmen nun in Ihrer Unternehmensstrategie nachweisen müssen.
 
Gründe für ein EU-Lieferkettengesetz

Unternehmerische Due Dilligence beruht bisher auf freiwilliger Basis. Manches Unternehmens adressiert Nachhaltigkeitsthemen, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, denn ‚Sustainability sells‘ oder versucht auf diese Weise Reputationsschäden bei Verbraucher*innen und Investor*innen vorzubeugen. Das EU-Lieferkettengesetz will nun Freiwilligkeit in Verbindlichkeit umwandeln und mit der nötigen Rechtssicherheit für beide Seiten, Unternehmen und Geschädigte, verbinden. Zumal bisherige freiwillige Sorgfaltsmaßnahmen offenbar nicht zu großen Verbesserungen in allen Sektoren führen konnten, wie der Gesetzesentwurf erläutert. Nach wie vor gebe es innerhalb wie außerhalb der Union Negativeffekte durch EU-Produktion, und Verbrauch. Dazu gehören insbesondere Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit, Kinderarbeit, unzureichender Arbeitsschutz und Ausbeutung von Arbeitnehmern sowie Umweltauswirkungen wie Treibhausgasemissionen, Umweltverschmutzung oder der Verlust der Biodiversität und die Zerstörung von Ökosystemen.
 
Biodiversität kennt keine Grenzen

In ihrem Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz betont die Kommission, die Notwendigkeit einer EU-weiten Verordnung, um bestimmte Probleme überhaupt wirksam bekämpfen zu können. Denn Verschmutzung, Klimawandel und der Verlust der Biodiversität kennen keine Landesgrenzen, sodass die Bemühungen eines Mitgliedstaates durch die Inaktivität eines benachbarten behindert werden können. Um also beispielsweise die Convention on Biological Diversity effektiv umsetzen zu können, macht es Sinn die Maßnahmen aller EU-Mitglieder durch eine gemeinsame Richtlinie zu bündeln.[SK1]  Und auch die Unternehmen im Einzelnen agieren in der Regel nicht national, sondern EU-weit oder global und haben Lieferketten, die andere Mitgliedstaaten oder Drittstaaten involvieren.
 
Übereinstimmung mit der Biodiversitätsstrategie

Das EU-Lieferkettengesetz wird andere bestehende und geplante Maßnahmen der Union im Bereich Menschenrechte und Umweltschutz ergänzen bzw. zu deren Zielerreichung beitragen. Das gilt zum Beispiel für die EU-Biodiversitätsstrategie, die darauf abzielt, die Biodiversität in Europa bis 2030 durch konkrete Maßnahmen und Verpflichtungen auf den Weg der Erholung zu bringen. Darin heißt es: „Um sicherzustellen, dass ökologische und soziale Interessen vollständig in den Geschäftsstrategien der Unternehmen berücksichtigt werden, wird die Kommission 2021 eine neue Initiative für nachhaltige Corporate-Governance vorlegen. Diese Initiative kann die Form eines Legislativvorschlags annehmen und wird sich mit den Menschenrechten, der ökologischen Sorgfaltspflicht und der Sorgfaltsprüfung befassen, die über wirtschaftliche Wertschöpfungsketten hinweg in angemessener Weise und je nach Größe der Unternehmen vorgenommen wird". Das EU-Lieferkettengesetz würde diese Vorgabe erfüllen.
 
Wie geht es weiter?

Der Kommissions-Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz geht nun im weiteren Verfahren an das Europäische Parlament sowie an den Rat. Einmal verabschiedet, müssen die EU-Mitgliedsstaaten die Richtlinie in nationales Recht umwandeln. Deutschland muss in dem Fall sein 2021 verabschiedete Lieferkettengesetz anpassen.

Autor: GNF

Quellen:

https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/1_1_183885_prop_dir_susta_en.pdf

https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:a3c806a6-9ab3-11ea-9d2d-01aa75ed71a1.0002.02/DOC_1&format=PDF

https://taa29cec7.emailsys1a.net/mailing/137/5050945/16516049/253/742756eddd/index.html https://lieferkettengesetz.de/pressemitteilung/statement-entwurf-eu-lieferkettengesetz/
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