Ladenpreis – wahrer Preis? Oder: Was kosten uns Lebensmittel wirklich?

European Business & Biodiversity Campaign - News

Ladenpreis – wahrer Preis? Oder: Was kosten uns Lebensmittel wirklich?

Tollwood GmbH und Schweißfurth Stiftung präsentieren eine Augsburger Studie zu verursachergerecht externen Kosten und zur Frage, wie sich diese in den Verbraucherpreisen niederschlagen müssten.

Ladenpreis – wahrer Preis? Wissenschaftler der Universität Augsburg haben heute in München bei einer Pressekonferenz der Tollwood GmbH für Kultur- und Umweltaktivitäten die Ergebnisse der Studie „How much is the dish – was kosten uns Lebensmittel wirklich?" vorgestellt. Diese von Tollwood und der Schweisfurth Stiftung in Auftrag gegebene Studie evaluiert verursachergerecht externe Kosten der deutschen Landwirtschaft. Konkret entlarvt sie die „versteckten Kosten", die durch drei maßgebliche Umweltbelastungen – Stickstoff, Treibhausgas-Emissionen und Energieverbrauch – bei der Produktion von Lebensmitteln entstehen, derzeit aber nicht in die Marktpreise für Lebensmittel einbezogen werden.

"Unsere Studie offenbart eine erhebliche Fehlbepreisung und damit Marktverzerrung durch die Preisdifferenz, die zwischen den aktuellen Erzeugerpreisen und den wahren Kosten liegt", resümiert Dr. Tobias Gaugler vom Institut für Materials Resource Management (MRM) der Universität Augsburg und erläutert weiter: "Die höchsten externen Folgekosten und damit größten Fehlbepreisungen gehen mit der Produktion konventionell hergestellter Produkte tierischen Ursprungs einher. Diese müssten auf Erzeugerebene dreimal so teuer sein wie derzeit bepreist, also mit einem Aufschlag von 196 % auf die Erzeugerpreise. Die zweithöchsten Aufschläge mit 96 % müssten für konventionell hergestellte Milchprodukte erfolgen und die niedrigsten mit 6 % für Bio-Lebensmittel pflanzlichen Ursprungs.

Kostentreiber Stickstoff

Bei tierischen Produkten ist die Höhe der externen Kosten und Preisaufschläge insbesondere durch die energieintensive Aufzucht der Nutztiere zu erklären. Dazu zählen Futtermittelanbau, Beheizung und Belüftung der Ställe sowie der Metabolismus, also der Stoffwechsel der Tiere. Diese Faktoren führen unter anderem zu einer bedeutend höheren Austragung von reaktivem Stickstoff und von Treibhausgasen sowie zu einem höheren Energiebedarf als bei pflanzlichen Produkten. Demnach ist der größte Anteil der Preisaufschläge jeweils auf den Treiber Stickstoff zurückzuführen, gefolgt von Treibhausgasen und Energie.

Im Vergleich konventioneller mit ökologischen Produktionspraktiken führen vor allem der Verzicht auf mineralischen Stickstoffdünger beim Pflanzenanbau sowie ein geringerer Einsatz von industriell produziertem Kraftfutter bei der Nutztierhaltung in allen untersuchten Lebensmittelkategorien zu geringeren externen Kosten und Preisaufschlägen für ökologische Produkte.

Eine Form von Marktversagen

Gaugler: „Für viele negative Klima-, Umwelt- und Gesundheitsfolgen, die sich aus der Produktion von Lebensmitteln ergeben, kommen aktuell weder die Landwirtschaft noch die Konsumenten auf. Die hiermit verbundene Preis- und Marktverzerrung stellt – ökonomisch gesprochen – eine Form von Marktversagen dar, der es mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu begegnen gilt. Ausgehend von unseren Ergebnissen und dem 'polluter pays principle' der UN folgend müssten insbesondere Produkte aus konventioneller Nutztierhaltung deutlich mehr kosten, als dies aktuell in Deutschland der Fall ist."

Von den gesellschaftlich sozialen Auswirkungen ganz zu schweigen

Die Studie leistet einen Beitrag zur Kostenwahrheit und ist bislang die erste Studie, die für Deutschland diese Umweltbelastungen errechnet hat. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die tatsächliche Preisdifferenz erheblich größer ist. Denn die Datenlage zu gravierenden weiteren Umweltfolgen, wie beispielsweise zu den gesellschaftlich-sozialen Auswirkungen von Antibiotikaresistenzen oder den ökologischen Auswirkungen durch den Einsatz von Pestiziden, ist so unzureichend, dass keine Aussagen in der Studie darüber getroffen werden konnten.

Tomas Brückmann, Pestizid-Experte der GRÜNEN LIGA dazu: „Die gesellschaftlichen Folgekosten durch den immensen Einsatz von Pestiziden sind komplex und sicher hoch. Hier besteht Forschungsbedarf, um diese Zahlen den gesellschaftlichen Entscheidungsträgern alsbald zur Verfügung stellen zu können."

Quelle: Pressemitteilung Universität Augsburg, 18.09.2018
Zurück